Kapitel 6 im neuen Annex 1: Versorgungs-und Mediensysteme
Neues vom Annex 1:
Ein sehr interessantes Statement kommt aus dem Annex 1, welches nach Einschätzung von gmp-experts sehr mit Vorsicht, vor allem mit gutem GMP-Sachverstand behandelt werden will:
WFI-Systeme
Im neuen Annex 1 wird unter dem Kapitel 6 – Versorgungs-und Mediensysteme im Unterpunkt 6.15 aufgeführt:
„WFI-Systeme sollten den Einsatz kontinuierlicher Überwachungssysteme wie Total Organic Carbon (TOC) und Leitfähigkeit einschließen, da diese einen besseren Hinweis auf eine Biofilmbildung geben können, die einzelne Proben nicht immer erkennen würden. Die Anordnung der Sensoren sollte auf der Grundlage der Qualifizierung erfolgen.“ (Übersetzung aus dem Englischen durch gmp-experts)
Verteilungssystem
Hierzu:
Sollte durch ein TOC – Messgerät festgestellt werden, dass sich ein Biofilm im Verteilungssystem befindet, haben vorgängig grundsätzlich alle anderen GMP – Systeme aus der unter dem Stichwort „hygenic design“ durchgeführten Planung, Installation, Qualifizierung, Betriebsfahrweise und Monitoring von Reinstwassersystemen kategorisch versagt.
TOC – Messgerät
Sollte ein Anstieg der Werte am TOC-Gerät eintreten, muss eine extrem hohe (kontinuierliche) Keimfracht im Verteilungssystem vorhanden sein. Um ein ppb an TOC – Gehalt im Wasser nachzuweisen, bedarf es einer weit höheren Keimfracht im Wasser, als es die Spezifikationsvorgaben gem. Pharm.-Eur. zulassen. Sollte hingegen eine einzelne Biofilm-Flocke den Weg in den minimalen Volumenstrom einer TOC-Messung finden, wäre das mit einem extrem hohen Zufallsfaktor zu bezeichnen.
Biofilme sind i.d.R. sehr stationäre Systeme, die eher in den Regionen eines Wassersystems zu finden sind, in denen es eher ruhig, sprich ohne große Turbulenzen zugeht. Dies findet man also eher im Beriech von Ventilen (wenn diese lange nicht benutzt / dekontaminert werden), in engen Spalten, an denen die Kapillarkraft mit hohem Saugdruck (ca. 0,3 bar bei 10µm Spaltmass) Wasser z.B. in Tri-Clamp-Verbindungen oder in den Klemmbereich von Membranen an Ventilen gelangt und dort nach Auftreten eines Keimes sich langfristig ein Biofilm sehr lokal und fest etabliert bilden kann.
GMP – Konformität bei Reinstwasseranlagen
Grundsätzlich gelten für eine GMP – Konformität bei Reinstwasseranlagen die Bedingungen einer geeigneten Konstruktion (hygenic design) und Betriebsfahrweise (Produktion / Dekontamination) in Verbindung mit einem flächendeckenden, risikobasierten Monitoring. Nur dann ist gewährleistet, dass Biofilme vermieden, beseitigt, vor allem aber erkannt werden können.
Das TOC- Messgerät detektiert den Gesamtgehalt organischer Kohlenstoffe, die vielerlei Ursachen, z.B. dem Vorhandensein von CO2 als nicht kondensierbares Gas, haben kann. Deshalb unverzichtbares Messprinzip, aber nicht für die Intention des Annex 1 geeignet.
Fazit
Zur weiteren Auseinandersetzung mit dem Thema verweisen wir gerne auf die ausführlichen Erläuterungen EMA/INS/GMP/443117/2017GMP/GDP Inspectors Working Group: Questionsandanswersonproductionofwaterfor injectionsbynon-distillationmethods–reverseosmosis andbiofilmsandcontrolstrategies
Vita
- 30 Jahre Erfahrung in der pharamzeutischen Industrie
Expertise:
- Geprüfter Sachverständiger für Reinraumtechnik und GMP-Management
- Lead Auditor und Gutachter
Stationen:
- Technischer Leiter
- COO / Gesamt-Herstellungsleiter
- Remidiation-Manager
- Projektleiter Neubau/GMP-Upgrade
- Management-GMP-Beratung
- Fachautor, GMP-Trainer, Mediator
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